Coaching

Donnerstag, 19. Mai 2011

Wie Sie Ihre Ziele erreichen

Einer meiner Coaching-Ausbilder erzählte einmal von der Begegnung mit einem sehr erfolgreichen Mann. Er fragte ihn: „Wie haben Sie es geschafft, so erfolgreich zu werden und dieses große Unternehmen aufzubauen?“ Der Mann antwortete: „Ganz einfach. Ich habe mir immer neue Ziele gesetzt.“ „Und wie haben Sie es geschafft, diese Ziele zu erreichen?“ fragte der Coach weiter. „Was haben Sie gemacht, wenn Sie Hindernisse überwinden mussten?“ Der andere sah ihn erstaunt an: „Hindernisse? Welche Hindernisse?“

Vermutlich unterscheiden sich erfolgreiche Menschen von weniger erfolgreichen genau dadurch: Sie besitzen die Fähigkeit, Hindernisse als Herausforderungen zu sehen, die bewältigt werden können und wollen. Sie bereiten keine Angst und Sorgen, sondern wecken eher so etwas wie sportlichen Ehrgeiz. Und schon sind sie keine Hindernisse mehr, sondern nur Etappen auf dem Weg zum Ziel. Der Gedanke an Probleme ist gar nicht erst zulässig, sonst kommt man nicht voran.

Wenn es doch nur immer so einfach wäre, denken Sie jetzt vielleicht. Und ich gebe Ihnen Recht: Nicht jeder Mensch besitzt die Gabe, Hindernisse einfach zu ignorieren. Im Gegenteil: Wir neigen viel eher dazu, aus einer kleinen Hürde eine riesige, unüberwindbare Mauer zu machen. Dann stehen wir wie vernagelt davor und sind überzeugt, dass wir keinen Schritt mehr weiter kommen.

In solchen Situationen ist es hilfreich, die eigenen Wünsche und Ziele neu zu überdenken. Ist das, was ich will, wirklich so erstrebenswert? Und vor allem – ist es auch für mich erreichbar? Wenn Sie diese Fragen für sich mit Ja beantworten, dann sollten Sie überlegen, wie Sie Ihr Ziel tatsächlich erreichen können. Alles auf einmal zu wollen, war offensichtlich nicht die richtige Strategie. Dabei haben Sie sich überfordert und kamen nicht weiter. Also müssen Zwischenschritte her. Zerlegen Sie die riesige Mauer, die vor Ihnen steht, einfach in viele kleine Steinchen, und schon liegt der Weg viel freier vor Ihnen.

Natürlich ist das mühsam und braucht seine Zeit. Mit einem Satz über das Hindernis hinüber zu springen, wäre sehr viel schneller gewesen. Andererseits tauchen Sie nun auch tief in die Materie ein, Sie setzen sich mit Problemen auseinander, finden Lösungen und kennen am Ende auf dem Weg, den Sie zurückgelegt haben, jeden Stein in- und auswendig. Dieses Wissen, diese Erfahrungen sind unschätzbar und helfen Ihnen, sich neue, größere Ziele zu setzen.

Vielleicht kennen Sie das Gedicht von Joachim Ringelnatz:

In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee
Da taten ihnen die Beine weh.
Und da verzichteten sie weise
Dann auf den letzten Teil der Reise.

Mein Tipp: Verzichten Sie nicht auf die Reise, das wäre einfach zu schade. Aber wählen Sie Etappen, die so klein sind, dass Sie jede für sich gut bewältigen können.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Erreichen Ihrer Ziele!

Dienstag, 7. Juli 2009

Coaching mit Frau M. - Teil 4

Einfach nur reden

Frau M. ist unruhig, als sie in unsere heutige Coaching-Sitzung kommt.
„Ich weiß grade gar nicht mehr weiter“, sagt sie. „Da ist dieser Job, der mir angeboten wurde. Der Chef war ja ganz nett, aber die Kollegen wirkten so komisch. Und ich weiß überhaupt nicht, ob ich dort arbeiten will. Ja, ich weiß nicht mal, ob ich tatsächlich in einem Büro arbeiten möchte. Eigentlich ist mir das doch alles zu steif und zu förmlich.“
Sie sieht mich ratlos an.
„Und dann hatte ich noch fürchterlichen Krach mit meiner Tochter. Das zehrt an den Nerven und hindert mich daran, Entscheidungen zu treffen.“

Ich frage kurz nach, was denn los war, und dann sprudelt es aus Frau M. nur so heraus. Dass ihre Tochter seit zwei Jahren mit einem Mann zusammen ist, der ihr nicht gut zu tun scheint, der sie offensichtlich unglücklich macht. „Ich habe schon mehrmals das Thema Trennung auf den Tisch gebracht, aber auf mich hört sie ja nicht.“
Natürlich nicht, denke ich, schließlich ist die Tochter zwar erwachsen, aber mit gerade mal Anfang zwanzig will sie sich natürlich noch sehr bewusst von ihrer Mutter abgrenzen. Frau M. redet weiter. Über diesen unmöglich Mann. Über ihre unglückliche Tochter. Über ihr eigenes Unwohlsein und die erfolglose Suche nach einem neuen Lebensinhalt.
„Ihre Suche ist doch nicht erfolglos“, sage ich freundlich. „Sie stehen ja noch ganz am Anfang. So was braucht einfach Zeit, das geht nicht von einem Tag auf den anderen.“

Ich werde in dieser Stunde zur Sparringspartnerin. Frau M. kämpft mit mir um das Chaos in ihrem Leben. Ich nehme den Kampf gerne auf und gebe ihr alles zurück, was sie bei mir ablädt – mit anderen Worten, mit einem anderen Blick. Im Laufe der Stunde wird sie ruhiger, atmet mehrmals tief durch, und ich spüre, wie sie anfängt, einen Ausweg aus dem Gewirr zu finden und sich Strategien zu überlegen, was die nächsten Schritte sein können.

Manchmal ist es beim Coaching nicht angebracht, sich selbst mit originellen Methoden und Ideen zu übertrumpfen. Manchmal möchten die Kunden einfach nur reden. Das ist meistens dann der Fall, wenn es in ihnen drin brodelt und gärt, sie aber selbst noch nicht so genau wissen, worum es eigentlich geht. Sie haben Fragen, Ideen, Wünsche, Ereignisse überschlagen sich, aber nichts lässt sich richtig greifen. Also ist erst mal Sortieren angesagt. Das kann mit Hilfe kreativer Methoden wie Brainstorming oder Mindmapping geschehen. Oder eben einfach „nur“ durch Reden. Als Außenstehende mit neutralem Blick behalte ich den Überblick und merke eher, welche Themen obenauf liegen und was unterschwellig mitschwingt. Ich steuere das Gespräch und gebe durchaus auch mal meine persönliche Meinung zum Besten. Doch hauptsächlich geht es darum, dass ich den Kunden zeige, wo der Ausgang aus diesem Gefühlschaos zu finden ist. Den Weg gehen müssen sie dann alleine.

So macht es auch Frau M. Sie beschließt, den Job nicht anzutreten. So dringend sie das Geld gebrauchen könnte, aber sie hat kein gutes Gefühl bei der Sache. Und sie nimmt sich vor, mit ihrer Tochter noch mal in Ruhe zu reden, ohne sie unter Druck zu setzen. Ob das gelingt, wissen wir zu diesem Zeitpunkt natürlich beide noch nicht. Aber da Frau M. jetzt viel ruhiger und „sortierter“ ist als noch vor zwei Stunden, stehen die Chancen gut, dass sie ihre Tochter nicht nur mit ihren eigenen Ängsten und Bedenken überhäuft, sie mit ihrer eigenen Unruhe ansteckt, sondern dass ihre neu gewonnene Klarheit das Gespräch positiv beeinflusst.

Ich fühle mich ein wenig unbefriedigt. Hätte ich nicht viel mehr tun müssen? Hätte ich nicht mit brillanteren Coaching-Methoden aufwarten müssen? Nein, sage ich mir nach einigem Überlegen. Reden war genau das, was Frau M. heute brauchte, und nur das zählt.

Dienstag, 28. April 2009

Size Germany

Nun ist es also amtlich: Wir Deutschen werden zwar immer größer, gehen vor allem aber mehr und mehr in die Breite. Auf die wenig überraschenden Ergebnisse der Size-Germany-Studie reagiert die Bekleidungsindustrie und passt nun die Konfektionsgrößen den veränderten Körpermaßen an. Dann ist wenigstens optisch wieder alles einigermaßen im Lot. Das behauptet zumindest die Werbung. In Wahrheit wird es für alle Menschen, die von der Norm abweichen, wohl eher schwieriger, die passende Kleidung zu finden – vor allem, wenn man so klein und schlank ist wie ich. Während anderswo Individualität gefordert wird, muss man also Durchschnitt sein, um gut angezogen auszusehen.

Ich grübele gerade darüber nach, wie ich meine fehlenden Zentimeter ausgleichen kann (nur noch High Heels tragen?)und wie meine schmale Taille fülliger wird (mehr Sahnetorte essen?). Da ruft mich Frau M. an.
„Sagen Sie mal, hilft so ein Coaching eigentlich auch beim Abnehmen?“
„Ja, das kann es“, sage ich zögernd. Frau M. hat bereits eine schlanke, sportliche Figur. Die will doch wohl nicht noch mehr abnehmen? Das fände ich nicht sehr gesund. Mit einem derartig überzogenen Schlankheitswahn würde Frau M. allerdings nicht alleine dastehen. Denn während zahlreiche Frauen mit Übergewicht kämpfen, leiden ebenfalls sehr viele unter Magersucht. Frau M. erklärt zu meiner Beruhigung jedoch, es gehe um eine gute Freundin, die sei recht dick und schon ganz verzweifelt, weil bisher keine Diät bei ihr geholfen habe.
„Sie hat nach jeder Diät in kürzester Zeit wieder zugenommen, manchmal war sie hinterher sogar dicker als vorher. Sie kennen das ja“, sagt Frau M. und klingt so, als würde ich jede Woche eine neue Diät ausprobieren. Dabei gehöre ich zu den glücklichen Menschen, die kaum zunehmen und eher zu wenig als zu viel wiegen. Frau M.s Freundin hingegen hat mittlerweile gesundheitliche Probleme und muss unbedingt mindestens zehn Kilo abspecken.
„Gibt es irgendeine Möglichkeit, wie sie das dauerhaft hinkriegen kann?“ fragt Frau M.
„Ich denke schon“, sage ich, und dann erkläre ich Frau M., wie das funktionieren kann:
„Zum Abnehmen gehören drei Aspekte: eine gesunde Ernährung, genügend Bewegung und die richtige mentale Einstellung. Nur wenn alle drei Aspekte gleichermaßen beachtet werden, klappt es überhaupt mit einem gesunden Abnehmen. Vor allem auf mentaler Ebene scheitern viele Leute – und damit wird jedes Diätprogramm hinfällig. Es gibt aber einige gute Tricks, wie Ihre Freundin ihr Gehirn davon überzeugen kann, dass sie unbedingt zehn Kilo weniger wiegen muss – und zwar dauerhaft. Allerdings nimmt sie auf diese Weise nicht von einem Tag auf den anderen ab. Sie braucht Zeit dafür. Und die Bereitschaft, an sich selbst zu arbeiten und ihre Lebensweise grundlegend zu verändern. Die meisten Diäten führen sehr schnell zu einem sichtbaren Erfolg und fordern einen vergleichsweise geringen Einsatz. Daher sind sie so beliebt. Aber wenn Ihre Freundin dauerhaft schlanker sein möchte, dann sollte sie sich dem Problem von Grund auf stellen.“

Ich füge hinzu, dass ich Frau M.s Freundin gerne beim Abnehmen unterstütze. Meine Aufgabe bestünde dann vor allem darin, ihr die richtigen Anleitungen zu geben und sie zu motivieren. Das kann besonders hilfreich sein, falls ihr gerade in den ersten Monaten das Durchhaltevermögen fehlt. Frau M.s Freundin kann aber auch auf eigene Faust ihr Leben umkrempeln. Dafür empfehle ich ihr und allen anderen Menschen, die abnehmen möchten, das Buch von Cora Besser-Siegmund: Easy Weight - der Weg zum natürlichen Schlanksein. Abnehmen beginnt im Kopf.
Das Buch befasst sich vor allem mit dem mentalen Aspekt des Abnehmens. Es zeigt, warum Schlanksein im Kopf beginnt und wie das eigene Gewicht tatsächlich beeinflussbar ist. Ich kann dieses Buch allen Menschen sehr empfehlen, die schon etliche Diäten erfolglos ausprobiert haben.
„Das klingt ja richtig spannend“, findet Frau M., und bevor sie auflegt versichert sie mir, dass sie jetzt gleich ihre Freundin anrufen und ihr von unserem Gespräch erzählen muss. Und während diese Freundin noch überlegt, ob sie lieber alleine oder mit meiner Unterstützung abnehmen möchte, gehe ich Shoppen und hoffe, dass ich trotz neuer Konfektionsgrößen etwas Passendes finde. Das muss doch zu schaffen sein, auch wenn man keine Supermodel-Maße hat.

Sonntag, 18. Januar 2009

Coaching mit Frau M. – Teil 3

Bei unserer nächsten Begegnung wirkt Frau M. sehr fröhlich.
„Sie glauben gar nicht, was für tolle Rückmeldungen ich auf die Frage nach meinen Stärken erhalten habe!“ ruft sie begeistert. Sie hat also tatsächlich ihre Hausaufgaben gemacht. „Meine Schwester hat mir einen richtig langen Text geschrieben und lauter Sachen aufgezählt, auf die ich von selbst gar nicht gekommen wäre. Und selbst mein Herr Sohn hat sich Gedanken gemacht.“
Die Entdeckung, dass Menschen, die ihr nahe stehen, Frau M. sehr viel zutrauen und sie für eine vielseitig begabte Frau halten, motiviert sie enorm.

Gemeinsam erstellen wir nun eine Liste all der Talente und Fähigkeiten, die Frau M. laut ihrer Freunde und Verwandten hat. Einige Begriffe fallen immer wieder, andere kommen nur vereinzelt vor. Wir gruppieren die Begriffe und fassen sie immer mehr zusammen, bis am Ende nur noch vier übrig bleiben. Diese vier schreibt Frau M. auf farbige Moderationskarten. Sie lauten „sportlich“, „organisiert gerne“, „kreativ“ und „motiviert andere gut“. Auf den Karten steht nichts von Kindern und auch nichts von Ehrenamt. Stört Frau M. das?
„Nein“, sagt sie. „Vielleicht war ich noch nicht auf dem richtigen Weg. Vielleicht muss ich noch mal in eine ganz andere Richtung denken.“
Sie starrt lange auf die Karten, legt sie schließlich auf den Fußboden, schiebt sie hin und her, stellt sich auf sie drauf und spürt, wie es sich anfühlt „sportlich“ oder „ein Organisationstalent“ zu sein.
„Für eine Fitnesstrainerin bin ich zu alt“, sagt Frau M. „Aber vielleicht gibt es ja in der Richtung etwas, was ich machen kann.“ Ich schlage ihr vor, zu einer Berufsberatung zu gehen und sich außerdem in dem Fitness-Studio, in dem sie regelmäßig trainiert, umzuhören. Frau M. zögert jedoch. Ihre Ängste und Minderwertigkeitsgefühle kommen wieder hoch.

Ich möchte sie nicht in dieser ängstlichen Stimmung nach Hause schicken und unternehme daher noch eine kleine Fantasiereise mit ihr.
„Was wäre wohl, wenn heute Nacht ein Wunder geschehen würde,“, frage ich, während Frau M. die Augen schließt. „Über Nacht sind all Ihre Zweifel verschwunden und wie aus dem Nichts taucht eine erfüllende Arbeit für Sie auf.“ Ich schmücke das Bild aus und lasse Frau M. Zeit, dieses schöne Gefühl zu genießen. Als sie die Augen wieder öffnet, sieht sie entspannter aus als noch vor zehn Minuten. „Da will ich hin“, sagt sie entschlossen. „Ich will dieses Gefühl von Glück spüren, wenn ich es geschafft habe.“
Das ist ein gutes Schlusswort für unsere heutige Arbeit und Frau M. verabschiedet sich zufrieden von mir.

Fortsetzung folgt

Dienstag, 6. Januar 2009

Coaching mit Frau M. – Teil 2

Es ist einige Zeit vergangen, seit Frau M. ihre erste Coaching-Sitzung bei mir hatte. Heute ist unsere zweite Arbeitsstunde. Ich frage sie, wie es ihr in der Zwischenzeit ergangen ist.
„Ganz gut“, sagt Frau M. „Die Feiertage waren sehr schön, weil meine Kinder da waren und wir wie früher alle zusammen waren.“
Hat unsere gemeinsame Arbeit mit dem Lebensrad noch bei ihr nachgewirkt?
„Ja, schon. Ich war überrascht, wie viel Traurigkeit und Erschöpfung ich bei gewissen Themen verspürt habe. Ich wüsste gerne, wo das her kommt.“
Ich denke auch, dass es wichtig ist, diesen bedrückenden Emotionen nachzugehen. Aber soll das heute schon zum Thema werden, oder hat Frau M. vordergründig ein ganz anderes Anliegen?
„Was ist denn Ihr Ziel für unsere heutige Arbeit? Was möchten Sie erreichen?“ frage ich.
„Ich würde gerne mehr Klarheit darüber kriegen, wie es bei mir beruflich weiter gehen kann. Ich brauche ein paar Ideen“, sagt Frau M. Damit steht fest: Die tiefer liegenden Themen sind noch nicht dran. Es liegt ganz bei Frau M., was wir bearbeiten und in welche Richtung wir uns bewegen.

Ich stelle Frau M. einige Fragen über ihren beruflichen Werdegang und frage sie schließlich, was ihr denn in Zukunft wichtig sei.
„Ich möchte unter Leuten sein“, sagt sie sehr schnell. „Ich möchte Geld verdienen, um finanziell etwas unabhängiger zu sein und auch meine Kinder in der Ausbildung besser unterstützen zu können.“
„Und was noch?“ frage ich.
„Ich möchte Anerkennung kriegen.“ Sie zögert. „Zufriedenheit ist mir wichtig. Und das Gefühl, gebraucht zu werden.“
Möchte sie in ihren alten Beruf zurück kehren? Frau M. war Sekretärin in einer großen Firma. Die Arbeit hat ihr damals viel Spaß gemacht, aber sie ist realistisch:
„Ich bin viel zu lange raus aus allem. Ich kenne mich mit den modernen Computerprogrammen nicht aus. Und mein Englisch ist auch schlecht, aber das braucht man heute fast überall.“ Sie lässt die Schultern hängen und sieht unglücklich aus. „Außerdem will so eine alte Schachtel wie mich doch niemand mehr haben.“
„Nun ja“, sage ich freundlich, „Sie müssen sich ja auch nicht gleich als Assistentin der Geschäftsführung bewerben. Aber es gibt sicher auch für Sie Möglichkeiten für einen Neustart. Können Sie sich denn vorstellen, etwas ganz anderes zu machen?“
Frau M. nickt, schweigt, denkt nach. Schließlich sagt sie leise und sehr vorsichtig, als traue sie sich kaum, es auszusprechen:
„Ja, schon. Manchmal hab ich gedacht, irgendwo ehrenamtlich anzufangen, mit Kindern zu arbeiten oder so. Aber ein bisschen Geld wäre natürlich auch nicht schlecht.“
Ich finde das eine sehr gute Idee. In einem Ehrenamt ist man nicht so unter Druck und kann sich ausprobieren. Doch Frau M. ist ratlos. Wo soll sie sich hinwenden? Wie anfangen? Sie kommt mir vor wie ein Bär, der behäbig aus dem Winterschlaf in den Frühling tappt und sich zwischen all dem frischen Grün und in der hellen Sonne erst mal orientieren muss. Die Welt da draußen sieht ganz anders aus als im vergangenen Herbst, als der Bär in seine Höhle kroch, und doch ist es immer noch dieselbe Welt.

Ich schlage Frau M. eine Übung vor, die ihr bei ihrer Zielfindung helfen kann. Sie willigt ein und ich bitte sie, aufzustehen und mit mir in die Mitte des Raumes zu kommen. Ich erkläre Frau M. das Prinzip der Walt Disney-Strategie. Diese Übung dient dazu, kreative Prozesse in Gang zu bringen. Ich lasse Frau M. drei farbige Karten beschriften, die sie im Raum verteilt. Jede der Karten markiert eine innere Stimme in ihr. Es gibt den Träumer oder Visionär, der alles machen darf, wonach ihm gelüstet. Der Kritiker hat immer wieder Einwände, sieht Hindernisse und Gefahren und bremst den Träumer in seinem Überschwang aus Der Realist schließlich überprüft die verrückten Ideen des Träumers auf ihre Alltagstauglichkeit und die Einwände des Kritikers auf ihren Wahrheitsgehalt.
Ich konfrontiere Frau M. nun mit ihren inneren Stimmen, indem ich sie von Karte zu Karte führe und sie darin unterstütze, sich in diese Gedanken- und Gefühlswelten hinein zu begeben. Als sie auf dem Platz der Träumerin steht, wirkt sie entspannt und gelöst. Sie redet fröhlich über ihren Traum, mit Kindern zu arbeiten. Aber es kommen auch andere Aspekte hinzu. Ihre sportlichen Aktivitäten und ihr gesundheitsbewusstes Leben spielen auf einmal eine Rolle. Und die Sehnsucht, zu reisen. Die Kritikerin nimmt Frau M. jedoch allen Mut. Ähnlich wie in unserem Gespräch zuvor wirkt sie in dieser Rolle mutlos, äußert Ängste und Minderwertigkeitsgefühle. Die Realistin schließlich entwickelt erste Lösungsideen. Sie erinnert an Situationen, in denen Frau M. sehr erfolgreich Neues bewältigt hat. Und sie weist darauf hin, dass es gerade für Menschen wie Frau M. viele Weiterbildungsmöglichkeiten gibt.
Symbolisch tauschen die drei inneren Stimmen ihre Gaben untereinander aus. Die Realistin untermauert die Ideen der Träumerin mit handfesten Vorschlägen. Die Kritikerin erhält von den anderen Beiden Zuversicht, wird aber auch in ihrer Rolle als Beschützerin gewürdigt, die es mit ihren Ängsten und Sorgen doch nur gut meint und Frau M. vor Überforderungen bewahren will. Die Träumerin gibt Frau M. abschließend einen Ratschlag mit auf den Weg:
„Du darfst glücklich sein.“ Sie strahlt, als sie diesen Satz formuliert.
Der Prozess ist sehr intensiv, sehr emotional, aber auch sehr spielerisch.

Als wir fertig sind, schaut Frau M. nachdenklich zurück.
„Dass der Sport auch eine Rolle spielen könnte, war mir gar nicht so klar“, sagt sie. Und: „Ich habe zum ersten Mal das Gefühl, dass ich meine Ängste überwinden kann. Die Vorstellung, dass ich sie nicht immer nur verdrängen muss, sondern sie auch ihren Platz und ihre Berechtigung haben, finde ich sehr spannend.“

Ich gebe Frau M. eine Hausaufgabe mit auf den Weg: „Suchen Sie sich in Ihrem Freundes- und Familienkreis fünf Menschen, die aufschreiben sollen, welche Gaben und Talente Sie haben. Bringen Sie diese Texte bitte zu unserer nächsten Sitzung mit."

Frau M. wirkt sehr nachdenklich, als sie sich verabschiedet. Sie hat heute zum ersten Mal ein Gespür dafür bekommen, wohin ihre Reise gehen kann und welche Hindernisse unterwegs warten. Noch hat sie kein Ziel konkret formuliert und kein Hindernis wirklich beseitigt. Aber sie hat sich auf den Weg gemacht und einen Prozess in Gang gebracht, der sich nicht mehr so leicht aufhalten lässt.

Fortsetzung folgt

Mittwoch, 17. Dezember 2008

Liebe Frau M.,

ganz herzlichen Dank für Ihren netten Weihnachtsgruß. Ich freue mich natürlich immer sehr, wenn meine Kunden mir positive Rückmeldungen geben. Dieser dicke Weihnachtsbrief, den ich gestern zu meiner großen Überraschung im Briefkasten fand, wäre aber wirklich nicht nötig gewesen. Obwohl Orangenkaramellschokolade mit Paranüssen äußerst verführerisch klingt, das muss ich zugeben. Ich werde die Schokolade in aller Ruhe unter dem Weihnachtsbaum genießen, wenn auch ich endlich ein wenig zur Ruhe kommen kann. Nochmals ganz herzlichen Dank!

Es tut mir sehr Leid, dass ich Ihnen vor den Feiertagen keinen weiteren Coaching-Termin mehr anbieten konnte. Ich weiß, dass Sie gerne schon etwas weiter gekommen wären, um zuversichtlich ins Neue Jahr gehen zu können. Aber werten Sie doch den ersten Schritt, den Sie unternommen haben, als Auftakt für ein Jahr der Veränderungen, das nun vor Ihnen liegt. Ich bin sicher, 2009 wird Ihr Jahr! Und ich unterstütze Sie gerne dabei, Ihre Pläne umzusetzen. Ich habe im Kalender bereits einige Termine für Sie reserviert, damit wir ab Januar richtig durchstarten können. Ich freue mich auf die weitere Arbeit mit Ihnen!

Ihrem Sohn ziehe ich gar nicht so oft die Ohren lang, wie Sie in Ihrem Brief vermuten. Zugegeben, manchmal könnte er etwas mehr Engagement zeigen. Aber andererseits erlebe ich ihn auch oft als interessierten, wachen jungen Mann. Ich glaube, dass es in seiner Generation viel mehr ehrgeizige und zielstrebige junge Menschen gibt als damals bei uns. Das freut mich sehr.

Ich wünsche Ihnen und Ihrem Sohn frohe Feiertage voller besinnlicher, stiller Momente, aus denen Sie Kraft für das neue Jahr schöpfen können. Das Lebensrad dreht sich auf jeden Fall immer weiter. Wir wissen nicht, wo es am Ende hinrollt, aber es bleibt in Bewegung, das ist das Wichtigste.

Alles Gute,
Ihre Katharina Burkhardt

Freitag, 5. Dezember 2008

Coaching mit Frau M. – Teil 1

Frau M. kommt in ihre erste Coachingstunde zu mir. Wir haben anderthalb Stunden Zeit, in denen Frau M. zunächst noch mal ausführlicher erzählt, was sie auf dem Herzen hat.
„Was ist Ihr Ziel für die Arbeit mit mir?“ frage ich. „Was möchten Sie gerne erreichen?“ Die Antwort kommt schnell:
„Ich möchte wieder arbeiten und meine Zeit sinnvoll füllen.“
Nun bin ich keine Jobvermittlerin und kann daher keinen Arbeitsplatz für Frau M. aus dem Hut zaubern. Also frage ich noch mal genauer nach:
„Angenommen, dieses Coaching war erfolgreich, was ist dann anders in Ihrem Leben?“ Diesmal denkt Frau M. einen Augenblick nach.
„Dann habe ich Ideen, wie ich die Jobsuche anpacken kann. Und ich habe auch den Mut, mich endlich auf den Weg zu machen.“
Mut und Ideen, denke ich, das klingt gut. Das Ziel unserer Arbeit wird also sein, dass Frau M. herausfindet, wie sie ihren nächsten Lebensabschnitt gestalten möchte und das Selbstbewusstsein erlangt, diese Veränderungen auch in Gang zu bringen.

Zunächst nehmen wir eine Standortbestimmung vor. Wie ist Frau M.s momentane Situation? Welche Bereiche ihres Lebens sind stark ausgeprägt, welche weniger? Wo läuft ihr Lebensrad rund, wo eiert es ein wenig? Um das herauszufinden, bastele ich mit Kreppband und bunten Pappkärtchen ein Lebensrad auf dem Fußboden. Jede Karte symbolisiert einen Bereich des Lebens – Familie, Beruf, Gesundheit, etc. Mit farbigen Stiften kann Frau M. nun auf den Karten markieren, wie ihre momentane Situation ist und was sie sich für die Zukunft wünscht. Auf diese Weise lässt sich das Leben von Frau M. sehr schön visualisieren. Außerdem zwingt diese Arbeit am Boden sie, sich schon jetzt zu bewegen. Sie stellt sich mit den Schuhen auf die einzelnen Karten, die ihre Lebensbereiche symbolisieren, wandert zwischen Beruf und Partnerschaft hin und her und pendelt zwischen Gegenwart und Zukunft. Das ist jetzt und das soll in Zukunft sein.

Es wird schnell deutlich, dass Frau M. ihre Kinder sehr wichtig sind. Obwohl ihr Sohn (unser Praktikant) und seine Schwester nicht mehr zuhause wohnen, haben sie engen Kontakt zur Mutter. Das gibt Frau M. ein Gefühl von Geborgenheit. Körperlich geht es ihr gut, sie treibt viel Sport und fühlt sich für ihr Alter sehr fit. Aber sie leidet sehr darunter, dass sie nur einen kleinen Freundeskreis hat, was ihr erst richtig bewusst wurde, nachdem ihre Tochter vor wenigen Monaten auszog und sie nun ganz alleine in der großen Wohnung ist. Nach ihrer Scheidung sind ihr viele Freunde abhanden gekommen, weil sie mehr zu ihrem Mann als zu ihr zu gehören schienen.
„Ich bin müde“, sagt Frau M., als sie auf dem Energie-Feld steht, „wie gelähmt irgendwie. Ich habe Angst davor, Neues in Angriff zu nehmen, weil ich überhaupt nicht weiß, wie ich das machen soll. Jetzt bin ich so lange aus dem Beruf raus, dass ich mir auf beruflicher Ebene gar nichts mehr zutraue.“
Als es um das Thema Partnerschaft geht, wird sie sehr still.
„Mein Mann hat mich vor fünf Jahren wegen einer anderen Frau sitzen lassen“, erzählt sie nach einer Weile, und ich höre aus ihrer Stimme heraus, dass sie immer noch tief verletzt ist. „Knall auf Fall stand ich mit den Kindern alleine da. Ich hatte nie den Mut, mich auf eine neue Beziehung einzulassen.“
Fehlender Mut scheint ein zentrales Thema in Frau M.s Leben zu sein, denke ich, und Trauer und Verletzungen schwingen auch immer wieder mit. Behutsam begleite ich sie von Lebensfeld zu Lebensfeld. Für die geplanten Veränderungen formulieren wir einen klaren Zeitraum:
„Wie soll Ihr Leben in einem Jahr aussehen?“ frage ich und Frau M. beginnt davon zu träumen, was sie alles erreichen möchte. Mit kritischen Fragen bringe ich sie dazu, keine unrealistischen Fantasien zu hegen, sondern genau zu überlegen, was sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten wirklich schaffen kann. Wo sind Hindernisse? Was gilt es zu bedenken? Am Ende schaut Frau M. mit einem Lächeln auf ihr Lebensrad:
„Das sind schöne Aussichten. Ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht.“
In dieser positiven Stimmung beenden wir die Arbeit für heute. Ich bitte Frau M. noch um ein kurzes Feedback.
„Ich bin ganz überrascht, was hier alles zutage kommt“, sagt sie. „Irgendwie hatte ich mir das ganz anders vorgestellt.“ Sie sieht zufrieden aus. „Und jetzt bin ich gespannt, wie es weiter geht.“
Das bin ich auch.

Fortsetzung folgt

Donnerstag, 27. November 2008

Erste Schritte

Liebe Leserinnen und Leser, sollten Sie die Knotenpunkte zum ersten Mal besuchen, so weise ich Sie an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass zwar Frau Brown und ich Menschen aus Fleisch und Blut sind, unser Praktikant aber nur in unseren Köpfen existiert. Logischerweise ist auch seine Mutter nur ein Fantasiegebilde, ein virtuelles Schattenwesen, dem es vollkommen egal ist, wenn ich seine privaten Dinge vor aller Öffentlichkeit ausbreite. Daher gestatte ich mir, hier nun die Coaching-Arbeit mit der werten Frau Mutter, kurz Frau M. genannt, etwas ausführlicher zu beschreiben. Die Arbeit mit meinen realen Kunden würde ich natürlich niemals auf diese Weise veröffentlichen, es sei denn, ich hätte ihr ausdrückliches Einverständnis. Und selbst dann würde ich zu ihrem Schutz biografische Daten so sehr verfremden, dass ein Wiedererkennen für Menschen aus dem näheren Umfeld nicht möglich wäre. Diskretion steht an erster Stelle für jeden seriösen Coach.

Nur wenige Tage nach meinem letzten Gespräch mit dem Praktikanten klingelt mein Telefon im Büro und ich habe tatsächlich die Praktikanten-Mama am Apparat. Ihre Stimme klingt ein wenig zögerlich und ich spüre, dass sie mich schon durch das Telefon hindurch überprüft. Was ist das für Eine? Kann ich der trauen? Nimmt die mich ernst oder will die nur mein Geld? Arbeitet die seriös oder ist das, was sie mir da anbietet, alles nur Schnickschnack, der am Ende nix bringt? Lohnt sich der ganze Aufwand wirklich, oder sollte ich nicht besser einfach noch mal mit einer guten Freundin reden?

Ich verstehe solche Gedanken sehr gut, denn ich habe sie selbst auch immer, wenn ich mich hilfesuchend an einen Profi wende, und sei es nur der Handwerker, der meine Heizung reparieren soll. Frau M. scheint immerhin meine Stimme schon mal angenehm zu finden, denn sie macht tatsächlich einen Termin mit mir ab und kommt ein paar Tage später in mein Büro.

Frau M. ist um die Fünfzig und wirkt noch sehr jugendlich. Sie trägt Jeans und schwarze Lederjacke und wirkt sympathisch. Ich biete ihr einen Kaffee an, dann lächele ich sie ermutigend an und sage:
„Dann erzählen Sie doch mal, warum Sie hergekommen sind.“
Anfangs hat Frau M. Mühe mit ihrem Bericht, sie scheint sich nicht sicher zu sein, was sie jetzt schon preisgeben will und soll. Aus meiner Sicht reichen ein paar Eckdaten. Mir geht es lediglich um das große Thema. Ich möchte einschätzen, ob ich die Richtige für dieses Thema bin. Gute Themen für mich sind z.B. Abschied, Verlust, Trauer, Veränderungen, neue Ziele. Oder grundsätzliche Fragen nach einem erfüllteren Leben. Weniger kompetent bin ich z.B., wenn es um sehr konkrete Hilfe bei beruflichen Veränderungswünschen geht. Ich ebne den Weg, Hilfe bei Jobsuche und Bewerbungen finden Sie aber besser bei einem Job Coach. Absolut ungeeignet bin ich, wenn eine ernsthafte psychische Erkrankung vorliegt. In diesem Fall sollten Sie unbedingt zu einem Arzt oder Psychotherapeuten gehen. Aber Frau M. wirkt kerngesund auf mich und erzählt auch nichts von Depressionen oder anderen nennenswerten Störungen und Beeinträchtigungen.

„Ich bin so orientierungslos“, sagt Frau M., und das scheint mir der Kernsatz in diesem Gespräch zu sein. „Ich sitze zuhause, fühle mich unausgelastet und unzufrieden, aber ich weiß nicht, wie ich das ändern kann. Ich möchte einfach etwas tun, beruflich wieder Fuß fassen, aber ich weiß nicht, wie das gehen kann.“
Ich stelle ein paar Fragen, um herauszufinden, was Frau M. sich von einem Coaching erhofft, dann sage ich zusammenfassend:
„Wenn ich Sie richtig verstehe, suchen Sie neue Herausforderungen. Ihre Kinder sind aus dem Haus und nachdem Sie viele Jahre nicht berufstätig waren, fehlt Ihnen jetzt etwas. Wir könnten daran arbeiten, dass Sie neue Perspektiven für Ihr Leben entwickeln. Ich unterstütze Sie darin, Ziele zu finden und diese auch zu erreichen. Wenn man in seinem Leben grundlegende Dinge ändern möchte, ist das ein Prozess, der aus vielen kleinen Schritten besteht. Ich begleite Sie bei den ersten Schritten und bestärke Sie darin, weiter zu gehen. Sie werden sehen, nach dem Coaching fühlen Sie sich einfach besser. Sie haben ein klares Ziel, auf das Sie hinarbeiten können. Sie werden motiviert sein und mehr Energie verspüren.“
Frau M. setzt diesen skeptischen Blick auf, den ich schon von ihrem Sohn kenne.
„Das klingt ja fast märchenhaft. Und wer garantiert mir, dass es auch funktioniert?“
„Niemand. Ich helfe Ihnen, Ihre Talente wieder zu entdecken und sich Ihrer eigenen Stärken bewusst zu sein. Was Sie daraus dann machen, liegt ganz bei Ihnen. Sie werden nach dem Coaching kein neuer Mensch sein, aber Sie werden neue Möglichkeiten entdecken, um Ihr Leben zu gestalten. Das kann ich Ihnen tatsächlich garantieren.“
Der skeptische Blick ist immer noch da.
„Lassen Sie sich das alles einfach in Ruhe durch den Kopf gehen“, empfehle ich. „Sie müssen sich nicht sofort entscheiden, ob Sie mit mir arbeiten wollen. Und auch später können Sie jederzeit wieder aufhören. Sie entscheiden nach jeder Stunde neu, ob und wie Sie weitermachen möchten.“
Das scheint Frau M. zu überzeugen. Ob ich denn überhaupt mit ihr arbeiten wolle? Ja, das will ich gerne. Ich habe ein gutes Gefühl bei dem Gedanken an die Arbeit mit Frau M. Wir sprechen noch kurz über mein Honorar, dann verabschiedet sich Frau M. Mal sehen, ob sie sich wieder meldet.

Fortsetzung folgt

Samstag, 22. November 2008

Psycho-Kram

Manchmal hege ich doch so meine Zweifel, ob ich mir für die Knotenpunkt das richtige Team zusammengestellt habe. Hören mir die Kollegen eigentlich zu, wenn ich etwas erzähle? Bilden sie sich in meinem Sinne weiter? Ich mache jetzt mal ein ganz großes Fragezeichen hinter diesen Satz. Immerhin, unser junger Praktikant hat doch das ein oder andere Gespräch mit mir recht aufmerksam verfolgt, das überrascht mich nun wieder positiv. Wohingegen Frau Brown… Also, unter uns gesagt: Ich bin erschüttert über ihre Ahnungslosigkeit.

Wie oft habe ich schon gesagt:
„Coaching ist keine Beratung. Man erteilt nicht einfach Ratschläge, an die sich die Klienten dann halten können oder auch nicht. Coaching ist Hilfe zur Selbsthilfe. Ich unterstütze die Klienten darin, eigene Lösungen zu finden. Er (oder sie) muss seinen eigenen Weg finden, ich helfe nur beim Suchen.“
Aber hört mir mal jemand richtig zu, um auch in meiner Abwesenheit Kunden kompetent beraten zu können? Nein. Ich muss mich hier wirklich selbst um alles kümmern.

Der Witz beim Coaching ist eben gerade, dass die Klienten ihre eigenen Ideen entwickeln. Darum ist das Ganze dann auch so wirkungsvoll. Denn nur das, was aus mir selbst heraus kommt, ist absolut stimmig für mich. Wir alle tragen eine Menge Ressourcen in uns, Fähigkeiten, Begabungen, Talente, Charaktereigenschaften, die uns stark machen. Oft ist es nur so, dass diese Kompetenzen im Laufe eines Lebens dank vieler kleiner und großer Umstände verloren gehen – und zwar so gründlich, dass wir uns selbst nicht mehr an sie erinnern. Dann behaupten wir etwa, überhaupt kein Selbstvertrauen zu besitzen und vergessen ganz, wie viel Vertrauen wir in Wahrheit doch schon in unsere eigenen Fähigkeiten gesetzt haben. Oder hat es etwa nicht mit Selbstvertrauen zu tun, wenn wir uns auf einen neuen Job bewerben und behaupten, der Beste dafür zu sein? Sind wir nicht sehr von uns selbst überzeugt, wenn wir uns zutrauen, Kinder in die Welt zu setzen und sie zu erziehen? Wirken wir nicht total souverän, wenn wir in der Firma eine Präsentation halten, auf die wir uns gründlich vorbereitet haben (auch, wenn wir innerlich vor Aufregung fast kollabieren)? Haben wir es etwa nicht geschafft, Laufen zu lernen, Radfahren zu lernen, Autofahren zu lernen?

Die verschütteten Ressourcen wieder freizulegen, ist eines der Hauptanliegen im Coaching. Wenn das gelingt, dann schafft es der Kunde in Zukunft besser, mit schwierigen Situationen umzugehen, egal worum es geht. Ob das Psycho-Kram ist oder einfach nur ein prima Weg, etwas fröhlicher, gelassener, selbstbewusster, zielstrebiger, wertorientierter durchs Leben zu wandern, bleibt Jedem selbst überlassen. Was es jedenfalls nicht ist: Eine Wunderwaffe gegen alles Elend dieser Welt. Ein Rundumsorglospaket für die eigene Zukunft. Ein Allheilmittel gegen alle eigenen Ängste und Nöte. Das wäre ja nun auch wirklich zu schön.

„Kannst du denn nun meiner Mutter helfen?“ fragt der Praktikant ungeduldig. „Das weiß ich nicht“, entgegne ich wahrheitsgemäß, was ihn prompt dazu veranlasst, diesen misstrauischen Blick aufzusetzen, den ich oft an ihm beobachte.
„Sag deiner Mutter, sie soll mich mal anrufen und einen Termin für ein Erstgespräch mit mir vereinbaren. Dann klären wir ganz unverbindlich, ob ich die richtige Adresse für sie bin und ob wir einander sympathisch sind. Das ist ganz wichtig, sonst können wir uns nicht so eng aufeinander einlassen.“
„Ach, die wird dich schon mögen. Du bist doch ganz locker.“
Das ist nun wohl das größte Kompliment, das ich von unserem Praktikanten hören werde, und es macht mich ein bisschen verlegen. Dennoch mahne ich:
„Das findest du. Aber deine Mutter legt vielleicht auf ganz andere Dinge Wert. Sie muss mich mögen, nicht du. Also, gib ihr meine Nummer, dann beantworte ich alle ihre Fragen.“
Na, ich bin ja gespannt, wie diese Geschichte weiter geht.

Fortsetzung folgt.

Freitag, 21. November 2008

Motivation (und all dieser Psycho-Kram)

Heute morgen hat der Praktikant mir doch tatsächlich einen Kaffee an den Schreibtisch gebracht – auch noch in meinem Lieblingsbecher, den er extra abgewaschen haben muss. Hätte ich nicht geahnt, dass er etwas von mir will, ich wäre richtig gerührt gewesen. Nach ein bisschen Herumgedruckse rückte er mit seinem Anliegen heraus.
„Sag mal, Beate, würdest du dich eigentlich coachen lassen?“
Ach herrje. Wenigstens geht es nicht schon wieder um sein Gehalt. „Wie kommst du denn darauf?“ frage ich zurück. „Meinst du, ich hätte das mal nötig, ja?“
„Na ja, wenn ich‘s richtig verstehe, geht es doch hauptsächlich darum, sich Rat zu holen, wo man nicht so recht weiter weiß. Das könnten wir doch alle manchmal ganz gut gebrauchen! Meine Mutter sagt immer, früher sind die Leute halt mit ihren Problemen zum Pfarrer gegangen, und heute schlagen sie sich alleine damit herum.“
„Ich hab gar nicht die Kohle für so was.“
„Wieso, du hast doch gerade über hundert Euro für deine komischen veganen Stiefel ausgegeben! Und dann rennt ihr ständig in Konzerte von irgendwelchen obskuren Retro-Bands ... Katharina sagt, du musst selber wissen, wie viel du dir wert bist: ob du dein ganzes Geld für Statussymbole und Vergnügen ausgeben oder in nachhaltige Veränderungen investieren willst.“
Nun bin ich doch schwer beeindruckt. „Mensch, Prakti, manchmal hörst du ja richtig zu, wenn wir dir was erklären. Hätten wir gar nicht von dir gedacht!“
„Weißt du“, sagt er abrupt, „ich mach mir halt Sorgen um meine Mutter. Von unserm Alten ist sie ja schon ewig geschieden, und jetzt, wo meine Schwester und ich auch aus dem Haus sind, habe ich echt das Gefühl, ihr fällt ganz schön die Decke auf den Kopf. Jedenfalls liest sie Katharinas Coaching-Texte immer total aufmerksam. Glaubst du, das wär‘ was für sie?“
„Woher soll ich das wissen, ich kenn‘ deine Mutter doch gar nicht. Warum ruft sie nicht einfach mal an und macht einen Termin mit Katharina?“
„Hab ich ihr auch schon gesagt. Aber ich glaube, sie traut sich nicht.“
„Wieso ‚traut‘? Wovor hat sie denn Angst“
„Na ja, sie sagt halt, sie weiß gar nicht, was da auf sie zukommt, wie so was überhaupt abgeht und mit welchen Erwartungen sie da selber rangehen kann. Würde Katharina ihr zum Beispiel auch praktische Tips geben, an was für Stellen sie sich konkret wenden kann, um noch was Neues anzufangen? Oder geht es beim Coaching wirklich nur um Motivation und so‘n Psycho-Kram?“
„Weißt du, wahrscheinlich solltest du den ‚Psycho-Kram‘ nicht unterschätzen. Wer einmal weiß, wo er hinwill, findet den Weg meistens selbst.“
„Oder sie“, sagt der Praktikant. Braver Junge. Ich als alte Feministin habe den tagtäglichen Kampf um eine gerechte Sprache längst aufgegeben, mensch wird dann immer nur blöd angeguckt. Und wenn ich beim Übersetzen auf dem Binnen-I bestehen würde, hätte ich vermutlich bald keine Aufträge mehr.
„Du, ich kenn‘ mich damit genauso wenig aus wie du. Warum fragen wir Katharina nicht einfach, wenn sie nachher kommt? Vielleicht schreibt sie ja mal einen Text für Menschen wie deine Mutter.“
„Äh, Beate ...“, sagt der Praktikant mit einer Kopfbewegung in Richtung Tür. Ich drehe mich um, und dort steht sie schon und grinst übers ganze Gesicht.
„Wisst ihr was? Ihr solltet glatt mal einen Werbefilm für meine Firma drehen! Eure Dialoge sind bloß ein wenig langatmig, um nicht zu sagen lahmarschig ...“
„Man könnte sich ja ein, zwei knackige Wortwechsel herausgreifen“, schlägt der Praktikant vor. Er sieht sich wohl schon als Filmstar.
Katharina lacht. „Den Rest des Drehbuchs schreibe ich lieber selber, ihr beiden Helden habt ja wirklich null Ahnung davon, was ich so mache. – Mensch, Beate, bei dir sieht‘s ja mal wieder aus wie Kraut und Rüben. Könntest du nachher bitte deine Tür zumachen, ich kriege Kundenbesuch?“

Fortsetzung folgt

Abschied
Aus dem Kiez
Coaching
Das Krimi-Experiment
Dies und Das
Feierabend
Kommunikation
Kreatives Schreiben
Leben
Lost in Translation
Nachgedacht
Schnappschüsse
Singles
Termine
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