Heiligabend 1968. Inzwischen ist dieser Schnappschuss von der ersten bemannten Mondumkreisung längst zum Wandkalender-Klischee verkommen. Damals vermochte er einen ökologischen Schock auszulösen, wirkte als Sinnbild eines ganz neuen Verantwortungsbewusstseins: Wie viel Schindluder treiben wir seit der industriellen Revolution mit diesem kostbaren, kleinen, funkelnden Juwel, das da so schutzlos durchs All wandert! Selbst Carl Sagan, der große Romantiker unter den Raumfahrern, wankte darob in seinem Glauben an außerirdisches Leben: „Unser Planet ist ein einsamer Funken in der kosmischen Finsternis um ihn herum. Nichts deutet darauf hin, dass Hilfe von außerhalb kommen wird, um uns vor uns selbst zu retten.“
Beim Anblick des Heimatplaneten, der wie eine Fata Morgana aus dem Dunkel des Universums auftauchte – vierhunderttausend Kilometer entfernt und nicht größer als ein Daumennagel –, sei „Wehmut, ein jähes Heimweh in mir aufgewallt“, schilderte Bill Anders, der das Foto knipste. „Sie war der einzige Farbfleck im Weltraum. Alles andere war entweder schwarz oder weiß. Nur die Erde nicht.“
Vor ihrem Rückflug trugen die drei Astronauten der Apollo-8-Mission – Bill Anders, heute 75, Jim Lovell (richtig geraten: Tom Hanks in „Apollo 13“) und Frank Borman, beide 80 – dem terrestrischen Radio- und Fernsehpublikum abwechselnd Verse aus der
Schöpfungsgeschichte vor, als wollten sie ihren Eindrücken aus einem gottverlassenen, heil- und leblosen Weltraum etwas entgegnen: die Kraft des Wortes und unsere Gabe, einander mit Geschichten Trost und Hoffnung zu spenden.
Frohe Weihnachten, liebe Kollegen, Kunden, Leser und Freunde!
Schnappschüsse - Beate Brown - 24. Dez, 10:19