Mittwoch, 4. Februar 2009

Zufriedenheit am Arbeitsplatz

Neulich habe ich von meinem allerersten Chef geträumt. Er war damals als Reitlehrer und Stallmeister für das Wohl und Wehe von zwanzig bis dreißig Pferden zuständig, ich sein Mädchen für alles. Es war einer der härtesten und am schlechtesten bezahlten – und bei weitem der befriedigendste Job, den ich je hatte. Sechs Tage die Woche verteilte ich Futter, mistete Boxen aus, hielt auf, wenn der Hufschmied kam, lud Heu und Stroh vom Wagen auf den Dachboden, wenn der Lieferant kam, fuhr mit dem Trecker den Misthaufen platt, half Reitschülern beim Putzen und Satteln und fror mir öfters beim Unterricht in der Halle Hände und Füße ab, während mein Chef in seinem warmen Büro saß und übers Mikrofon Anweisungen erteilte. Im Winter vereisten mir manchmal schon bei der halbstündigen Fahrradfahrt im Morgengrauen die Nasenhaare.

Mein Gehalt reichte gerade aus, um mein eigenes Pferd durchzufüttern. Mein Chef war launenhaft wie alle Chefs, mit denen ich im Laufe meines Berufslebens zu tun hatte, und an manchen Tagen konnte man ihm gar nichts recht machen. Aber meistens verstanden wir uns prima. Obwohl der Altersunterschied kaum zehn Jahre betrug – ich war Anfang Zwanzig, er Anfang Dreißig –, siezte ich ihn so selbstverständlich, wie er mich duzte.

Für die Mädchen, die ihre gesamte Freizeit im Stall verbrachten und um Pflegepferde oder auch nur um das Privileg buhlten, eines der Privatpferde trockenreiten zu dürfen, war ich halb große Schwester, halb großes Vorbild. Nur die Akademiker unter den Pferdebesitzern, Kollegen meines Vaters, wussten überhaupt nicht, wie sie mich behandeln sollten: als höhere Tochter oder niedrige Dienstmagd? Auch das verschaffte mir eine gewisse Befriedigung.

Aber das Beste an dieser Arbeit war, dass sich die Sinnfrage, die mich seither mal mehr, mal weniger plagt, überhaupt nicht stellte: Wer einmal ein paar Jahre lang jeden Morgen ein Stalltor aufgestoßen hat und mit einem vielstimmigen Wiehern willkommen geheißen wurde, weiß, was es heißt, etwas Nützliches zu tun.

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