Rekordverdächtig

Auf Malta, wo wir gerade Urlaub gemacht haben, ist die Welt noch in Ordnung. Scheidung ist dort gesetzlich verboten (ungelogen), auf Abtreibung steht selbst in Fällen von Vergewaltigung, Inzucht oder gesundheitlicher Gefährdung ewige Verdammnis und eine bis zu dreijährige Haftstrafe. Frauen verbringen fast dreimal soviel Zeit mit Hausarbeit wie Männer und kümmern sich brav um ihre freilich nur 1,5 Kinder. Kein Wunder, schließlich verdienen die 38,6 Prozent der maltesischen Frauen, die doch arbeiten gehen, 23,5 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.

Eine Insel mit zwei Bergen und dem tiefen weiten Mittelmeer, eine Art Satrapie des Vatikan, die halt noch eine Weile braucht, um im 21. Jahrhundert anzukommen? Mag ja alles stimmen. Aber was glauben Sie, wie weit der Entgeltunterschied zwischen Frauen und Männern, der so genannte Gender Pay Gap, hierzulande auseinander klafft? Halten Sie sich fest: Mit 22 bis 23 Prozent zählt das emanzipierte Deutschland laut Eurostat-Zahlen EU-weit zu den Spitzenreitern – der Durchschnitt aller Mitgliedsstaaten liegt bei 15 Prozent.

In unserer Sparte ist dieses Phänomen weniger verbreitet – und sowieso sind wir selber schuld, wenn wir bei Honorarverhandlungen zu leicht klein beigeben. Aber bekanntlich sind Frauen in tendenziell schlechter bezahlten Jobs von der Putzkolonne bis zum gesamten Pflege- und Sozialbereich überproportional vertreten. In anderen Berufen haben sie es immer noch schwerer, auf der Karriereleiter ganz nach oben zu kommen, und sie verpassen Beförderungen und Gehaltserhöhungen, weil sie sich Babypausen gönnen.

Warum ich Sie mit feministischer Propaganda zutexte? Fragen Sie mich lieber, warum ich es nicht viel öfter tue! Ich wünsche Barbie zum 50. Geburtstag alles Gute (doch, ehrlich), vor allem aber wünsche ich mir, sie möge Ken endlich beibringen, dass die Küche nicht nur zum Bierholen da ist. Und uns allen wünsche ich, dass wir aufhören, Barbiepüppchen sein zu wollen, die ihr Lebensglück am Wert ihrer Schuh- und Handtaschensammlung messen oder daran, ob sie mit 50 immer noch einen faltenfreien Teint, eine perfekt frisierte blonde Haarpracht, Wespentaille, knackigen Po und formschönen Busen vorweisen können. (Angesichts eines Jahresumsatzes von 3,6 Milliarden US-Dollar für Barbie-Produkte sehe ich da schwarz.)

Damit möchte ich um Himmels willen nicht dafür plädieren, unser Glück statt dessen an der monatlichen Gehaltsabrechnung abzulesen. Aber fair ist fair – und derart frappierende Unterschiede sind alles andere als das. Deswegen hat das Frauennetzwerk Business and Professional Women (BPW) Germany den 20. März mit Förderung des Bundesfamilienministeriums und Veranstaltungen in ganz Deutschland zum „Equal Pay Day“ ausgerufen.

Vorhin rief eine Kollegin von Frau Burkhardt an, um uns auf eine interessante Aktion hinzuweisen, die dazu in Hamburg stattfindet: Von 7:00 bis 19:00 Uhr sollen im Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, 22305 Hamburg-Barmbek, eintausend Frauen durch ein Blitz-Coaching für die nächste Gehaltsverhandlung fit gemacht werden – und nehmen damit zugleich an einem Weltrekordversuch teil. Unabhängig von jedem frauenpolitischen Anliegen und Guinness-Buch-Trubel ist die Veranstaltung unter Leitung von Sabine Asgodom aber auch als Schnupperangebot gedacht. Kommen Sie rein, ganz kostenlos und unverbindlich, knüpfen Sie Kontakte, schauen Sie sich um: Wie läuft ein professionelles Coaching ab? Welche Chancen könnte es Ihnen bieten?

Näheres dazu erfahren Sie hier. Informationen zum Thema Coaching finden Sie natürlich auch bei uns, und zwar hier und hier.
flashlink - 24. Mär, 12:45

Man sollte schon redlich bleiben und nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Diese Stimmungsmache ist völlig unsinnig.

Zwei Abteilungsleiter untersch. Geschlechts in euinem Betreib verdienen mit Sicherheit ähnliche Summen, eine männliche und weibliche Reinigungskraft ebenfalls. Und am Band bei Brose, wo ich war und mit Frauen zusammengearbeitet habe, bekamen die natürlich ganz logisch das gleiche Geld.

Wenn bei Frauen der Anteil niedrigbezahlter Jobs und Teilzeitstellen höher ist als bei Männern, ist natürlich das Einkommen geringer. Das hat aber nun nichts mit geschlechterbedingter ungerechter Bezahlung zu tun. Aber mit diesen Tatsachen braucht man den Genderstrategen nicht zu kommen.

Beate B (Gast) - 24. Mär, 13:06

Äpfel mit Birnen vergleichen

Warum eigentlich nicht, das habe ich noch nie verstanden? "Äpfel sind saurer als Birnen" oder "Birnen sind nicht so rund wie Äpfel" sind zwei grammatikalisch und semantisch völlig einwandfreie Sätze.

Aber okay, es ging nicht um den Obstkorb, sondern um Geschlechterkampf. In der Tat sind hierzulande glücklicher Weise die Zeiten vorbei, in denen Männer selbstverständlich für dieselbe Arbeit mehr Geld bekamen als Frauen. Dennoch drückt der Gender Pay Gap – wenn auch zugegebenermaßen etwas verkürzt – eine strukturelle Ungerechtigkeit aus, die eben gerade darin liegt, dass in den allermeisten Betrieben die Wahrscheinlichkeit immer noch hoch ist, dass die Mehrzahl der Abteilungsleiter (von den höheren Führungsetagen ganz zu schweigen) männlich und die Mehrzahl der Reinigungskräfte weiblich ist.

Dass auch mehr Frauen als Männer in Teilzeitstellen arbeiten, ist in der Tat eine völlig andere Geschichte, die ich als große Befürworterin von Teilzeit-, Gleitzeit- und sonstigen flexiblen Regelungen gerne in nächster Zeit mal hier aufgreifen würde. Dazu möchte ich nur noch zu bedenken geben, dass die Entscheidung für Teilzeitarbeit nur im Idealfall eine freiwillig getroffene ist. Insofern müsste man sich auch diese Zahlen genauer anschauen, um zu entscheiden, wie sinnvoll oder unsinnig solche Stimmungsmache ist.

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